Künstlerische Gesamtleitung: Prof. Katharina Wagner
Seit 2017 erweitern die Bayreuther Festspiele ihr Rahmenprogramm um die Veranstaltungsreihe DISKURS BAYREUTH. Künstlerisch und wissenschaftlich soll darin das kulturhistorische Phänomen „Richard Wagner“ reflektiert und kontrovers erörtert werden. Begrenzte Platzkapazität. Alle Angaben ohne Gewähr.
Diskurs Bayreuth 2024
Wagners Lust-Spiele
Wer den Namen Richard Wagner hört, denkt vielleicht nicht als erstes an „Komödie“. Ja, bekannte Kritiker sprachen ihm das Talent zum „unbefangenen Frohsinn“ schlichtweg ab. Diskurs Bayreuth setzt die rosarote Brille auf, wirft Pathos und Tiefsinn über Bord und beleuchtet den Unterhaltungskünstler Richard Wagner. Nietzsche im Ohr, der den Parsifal als „herrlichen Operettenstoff“ pries, versenkt sich Diskurs Bayreuth in Wagners Wortwitz und fragt nach dem Unterschied von einem Käfig voller Narren und Legenden von reinen Toren. Zugleich liest Diskurs Bayreuth in diesem Jahr den Begriff des Lust-Spiels im wörtlichen Sinne: Denn um „höchste Lust“ geht es bei Wagner immer wieder. Die Aussicht auf „Wonnemonde“ war in Wagners Biographie ebenso wie für seine Helden immer wieder ein wesentlicher Motor, die Entladungen seiner Musik werden auch immer wieder in ganz körperlicher Lust erfahren. Ein Diskurs zwischen Liebesverbot und Liebestod, zwischen Eros und Thalia.
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* = Die mit einem *Stern gekennzeichneten Beiträge finden hybrid statt
5. August 2024
14-18 Uhr
14 Uhr
Frauenliebe und -leben. Wie Wagners Heroinen lieben
Prof. Dr. phil habil. Friederike Wißmann
Hochschule für Musik und Theater Rostock
Eines haben die Frauenfiguren bei Wagner gemeinsam: sie sind nach irdischen Maßstäben unerreichbar. Die Liebessemantik, die Wagner ihnen auf den Leib komponiert, ist äußerst unterschiedlich. Musikwissenschaftlerin Friederike Wißmann beschreibt exemplarisch Wagners Konzept liebender Frauen-Figuren – und ihre musikalische Gestaltung.
Special Guest: NN
15 Uhr*
So lange ich liebe, stirbt keiner. Lust als Todestrieb in Wagners Tristan und Isolde
Thorleifur Örn Arnarsson*
Reykjavik
Die Bayreuther Festspiele 2024 werden eröffnet durch eine Neuinszenierung von Tristan und Isolde von Thorleifur Örn Arnarsson. Im Gespräch erläutert der Regisseur, wie er sich dem Komplex aus Liebe, Lust- und Todestrieb angenähert hat.
16 Uhr*
Ekstase – oder der Zustand „höchster Lust“
Georg Friedrich Haas*
Columbia University, New York
Wagners „Lust-Spiele“ sind aus dem Geist der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts komponiert. Wie würden komponierte „Lust-Spiele“ am Ende des ersten Viertels des 21. Jahrhunderts aussehen? Was bedeutet der Begriff „Lust-Spiel“ in einer Welt, in der mehr Menschen Pornos sehen als Fußballweltmeisterschaftsübertragungen? Im Gespräch und anhand von Beispielen erläutert Georg Friedrich Haas, einer der profiliertesten Opernkomponisten unserer Zeit, seine Annäherung an das Thema. Wie Richard Wagner betrachtet Georg Friedrich Haas die Oper ganzheitlich. Die Musikalität des Außermusikalischen – z.B. Finsternis, aber auch generell der Einsatz von visuellen Elementen als lautloses Musikinstrument – ist ein fundamentaler Bestandteil seines Musiktheaters.“
17 Uhr*
Wir sind alle Richard Wagner
Alex Ross*
New York
In seinem großen Buch über die Rezeptionsgeschichte Richard Wagners durch die Moderne geht der amerikanische Starmusikautor Alex Ross verschiedenen Fährten im Denken und Schaffen Wagners nach. Wagner ist für Ross ein deutsches Drama, das sich aus der Wirklichkeit, aber auch aus dem Wahn speist. Ist es möglich, die Wunden der Moderne mit den Mitteln der Moderne zu heilen? Und welche Rolle spielt hierbei der „erotische Impuls“?
Ko-Moderation: Kai Hinrich Müller
In Zusammenarbeit mit dem Thomas Mann House Los Angeles
6. August 2024
10-14 Uhr
10 Uhr
Die Lust, der Verlust und das Lustige im Werk Richard Wagners
Prof. Dr. Jochen Hörisch
Universität Mannheim
Wagner hatte einen genuinen Sinn für das Komische, Groteske, durchaus auch für höhere Albernheiten. Viele seiner Werke tragen explizit parodistische Züge (voran Meistersinger und Siegfried). Auffallend ist auch, dass Wagners Werke häufig ambitionierte Paraphrasen alter Stoffe (Edda, Nibelungenlied, Tristan, Parzival etc.) sind. Para-hafte Züge von Wagners Werk möchte der kleine Vortrag herausstellen und so deutlich machen, dass bei Wagner die Lust, der Verlust und das Lustige in einem mal parodistischen, mal paraphrasierenden, mal parasitären Verhältnis zueinander stehen.
11 Uhr
Wagners Wortwitz
Victor Henle
München
Mit „Wagners Wörter“ hat Victor Henle ein Buch vorgelegt, das Liebhabern wie Experten den sprachlichen Kosmos Richard Wagners aufschlüsselt. Im Gespräch gibt er Einblick in das Denken und Schreiben Richard Wagners – mit den Zauberformeln der Etymologie und anderer besonderer Instrumente.
Special Guest: Michael Kupfer-Radecky
12 Uhr
Wagner-Parodien als Strategien der Demokratisierung
Dr. phil. habil. Kai-Hinrich Müller
Hochschule für Musik und Tanz Köln
Die Zahl der Wagner-Parodien übertrifft inzwischen die Zahl der Werke Wagners selbst bei weitem. Nicht ausschließlich dienten solche Anverwandlungen der Persiflage – häufig diente die humoristische Bearbeitung als Medium, das Schaffen Richard Wagners zu „demokratisieren“ und es neuen Zielgruppen zu zu führen. Kai-Hinrich Müller stellt drei verschiedene Wagner-Aneignungen vor, die Wagner auf unterschiedliche Weise und oft mit Humor begegnen.
In Zusammenarbeit mit dem Thomas Mann House Los Angeles
13 Uhr*
Ist er immer pathetisch? Wagner und das Komische in den Meistersingern von Nürnberg
Matthias Davids*
Linz
Im kommenden Festspieljahr soll Regisseur Matthias Davids Wagners Meistersinger inszenieren. Ein Werk, das häufig als intensive Auseinandersetzung Wagners mit William Shakespeare und dessen Komödien gelesen wird. Wie gestaltet Wagner „Komik“ musikalisch? Und wie inszeniert man das?