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Vorgestellt

In dieser Ausgabe unserer Reihe „Vorgestellt“ begegnen Sie heute dem Dirigenten des diesjährigen Parsifal: dem Schweizer Philippe Jordan, Musikdirektor der Opéra national de Paris und designierter Chefdirigent der Wiener Symphoniker (ab 2014/15), der 2012 in Bayreuth debütiert.

Musikalische Leitung Parsifal

Philippe Jordan

Es ist Montagmorgen im Restaurant des Festpielhauses, dem Orchesterprobensaal „auf Zeit“. Entspanntes Warten bei den Musikern, die bereits ihre Plätze eingenommen haben. Kurz vor 10 Uhr betreten Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier den Saal, in ihrer Begleitung der neue Parsifal-Dirigent Philippe Jordan. Er trägt die dicke Partitur unterm Arm, sein Taktstock ist zwischen die Seiten geklemmt und ragt an der Seite heraus. Er begrüßt den Orchestervorstand und die Konzertmeister mit Handschlag. Dann stellt ihn die Festspielleitung dem Orchester kurz vor. „Wir freuen uns sehr, dass Philippe Jordan hier ist“, sagt Katharina Wagner. Für viel mehr bleibt im Augenblick keine Zeit, denn Probenzeit ist kostbar. Und schon geht es los: Durch die Reihen des Orchesters wandern die Stimmtöne und wenig später ertönt das Vorspiel zum 1. Akt.

Vor der nächsten Probe nimmt sich Philippe Jordan Zeit für ein kurzes Gespräch. Er kommt direkt aus Paris nach Bayreuth. Am Sonntag hat er noch eine Vorstellung von Arabella an der Opéra Bastille dirigiert, am Dienstagabend muss er noch für eine weitere Arabella tags darauf an die Seine zurück. Dazwischen absolviert er nicht nur die erste Orchestersitzprobe mit dem Bayreuther Festspielorchester, sondern am Dienstag auch gleich die erste Bühnenprobe im Orchestergraben – allerdings nur mit Klavier, aber mit den Solisten, dem Chor und der Technik auf der Bühne.

„Eigentlich wollte ich mich dem ganzen Wagner-Kultus, der so eng mit Bayreuth verknüpft ist, verwehren“, gibt Philippe Jordan lachend zu. „Obwohl ich schon immer ein großer Wagnerliebhaber gewesen bin.“ Dann war er 2010 zum ersten Mal für einen Ring in Bayreuth. „Das Haus, seine Akustik und vor allem auch die Menschen, die hier sich bei den Festspielen mit ganzer Leidenschaft Wagners Musik widmen, vor allem beim Chor und beim Orchester, wo einfach jedes Mitglied jedes Wort singen, jeden Ton spielen kann – das hat mich überzeugt, ganz pragmatisch, ohne Mythos.“ Die berühmte Akustik kennt er bisher nur aus dem Zuschauerraum – und aus einigen ‚Trockenübungen‘ mit seinen Assistenten im Orchestergraben: „Wir haben mit Klavier, zum Teil einfach mit Sprechen versucht, die Akustik, die Lautstärken und die Reaktionszeiten für uns zu entdecken. Ich freue mich sehr darauf, endlich mit dem Orchester im Graben, mit den Solisten und dem Chor zu arbeiten.“

Dass er die gefeierte Produktion von Regisseur Stefan Herheim erst im letzten Jahr übernimmt, findet er angenehm: „Es muss nicht unbedingt eine Neuproduktion sein bei diesem besonderen Haus. Für mich ist es eine Ehre, den Parsifal, den Wagner als einziges Werk allein für dieses Haus und seine Akustik komponiert hat, hier zu dirigieren. Dass ich die Produktion zugleich fürs Kino und die DVD-Aufzeichnung dirigieren darf, ist da das Sahnehäubchen.“

Und obwohl die Produktion im fünften Jahr läuft, arbeitet Stefan Herheim, wie in den vergangenen Jahren, auch in diesmal intensiv an der Wiederaufnahme – nicht zuletzt in Hinblick auf die musikalische Abstimmung.

„Ich habe sie im letzten Jahr zweimal gesehen und war jetzt schon bei vielen szenischen Proben dabei. Die Inszenierung ist wunderbar musikalisch und das Zusammenspiel zwischen Musik und Bühnengeschehen vollkommen überzeugend. Und wenn ich doch den einen oder anderen Wunsch aus musikalischer Sicht habe, probieren wir aus, ob das machbar ist und stimmen uns ab, was besser ins Gesamtbild passt. Gelegentlich gehört aber ein bestimmtes Tempo, das ich so vielleicht nicht gewählt hätte, auch zur Inszenierung“, sagt Philippe Jordan. „Das akzeptiere ich dann gern. Und dass punktuell ein Tempo durch eine Inszenierung vorgegeben wird, das gab es bereits zu Richard Wagners Zeiten.“ Schließlich fügte bei der Uraufführung Engelbert Humperdinck, der Wagner damals assistierte, ein paar zusätzliche Takte ein, um eine musikalische Lücke zu füllen, die sich durch das Tempo der Verwandlung im 1. und 3. Aufzug ergab.

 

© Bayreuther Festspiele 2012 / Andrea C. Röber